Kleinere Unternehmen haben ein höheres Wachstumspotenzial als ihre größeren Pendants. Davon sind Ollie Beckett und Rory Stokes, Portfolio Manager bei Janus Henderson Investors, überzeugt. Small Caps sind typischerweise jüngere Unternehmen, die sich in der Regel noch in einem frühen Entwicklungsstadium befinden, geografisch noch expandieren können oder in angrenzende Märkte vorstoßen wollen und häufig in schnell wachsenden, neu entstehenden Branchen tätig sind.
Im Vergleich dazu sind Large-Cap-Unternehmen oft in ausgereiften Branchen tätig und haben bereits weltweit expandiert. Diese Large-Cap-Aktien sind unter Umständen auf höhere Preise, Kostensenkungen oder die Übernahme von Marktanteilen angewiesen. Einige mögen auf US-Aktien, insbesondere auf Mega-Caps aus dem Technologiesektor, verweisen, die mit ihren historischen „Winner takes all“-Geschäftsmodellen eine Ausnahme von diesem Trend darstellen. Aber auch hier gibt es Sättigungsprobleme und eine verstärkte regulatorische Kontrolle, zusätzlich zu der jüngsten wachstumsfeindlichen Markthaltung. Unserer Ansicht nach ist es für einen durchschnittlichen Large-Cap-Titel weniger wahrscheinlich, dass er seine Erträge aus seiner Position heraus verdoppeln kann, als für ein kleineres Unternehmen.
Starke Bilanzen und höhere Erträge bilden eine solide Grundlage
Kleinere Unternehmen sind oft stärker vom Wirtschaftswachstum abhängig als Large Caps. Starke Bilanzen können jedoch dazu beitragen, dass diese Unternehmen wirtschaftliche Abschwünge wie den durch die Pandemie verursachten überleben und sogar gestärkt daraus hervorgehen. Die Daten zeigen, dass ein größerer Anteil der kleineren europäischen Unternehmen über mehr Barmittel verfügt und sie im Vergleich zu ihren Large-Cap-Pendants vergleichsweise günstiger bewertet sind. Kleinere Unternehmen haben in der Vergangenheit auch ein höheres Gewinnwachstum als Large Caps erzielt, was zu einer höheren Performance beigetragen hat. Das bedeutet zwar nicht, dass die Small Caps ihren Kursverlauf beibehalten werden, doch unterstreicht dieser Punkt die Bilanzstärke von Small Caps.
Riesiges Unternehmens-Universum – von Sell-Side-Research weitgehend ignoriert
Das europäische Small-Cap-Universum bietet im Vergleich zu seinem Large-Cap-Gegenstück einen viel größeren Pool an weniger gut erfassten Aktien. Die große Mehrheit dieser Unternehmen wird vom Sell-Side-Research ignoriert oder nicht entdeckt, sodass anspruchsvollen Anlegern die Tür offen steht, um das nächste Juwel zu entdecken.
IPO- und M&A-Aktivitäten sorgen für strukturellen Rückenwind
Neben dem großen Universum gibt es in Westeuropa jedes Jahr zahlreiche Börsengänge (IPOs), die den Managern von Small Caps ständig neue Anlagemöglichkeiten bieten – Abbildung 2. Gleichzeitig werden Fusionen und Übernahmen (M&A) zunehmend zum Thema, bei denen immer wieder kleinere Unternehmen zum Ziel werden. Dies ist ein wichtiger Aspekt, da bei M&A-Transaktionen in der Regel ein Bewertungsaufschlag auf den ursprünglichen Aktienkurs einer Aktie gezahlt wird, um die Aktionäre zu überzeugen. Die Daten zeigen, dass rund 91 % aller Fusionen und Übernahmen zwischen 2008 und 2021 den Kauf eines Small-Cap-Unternehmens in Europa betrafen.
Kleinere Unternehmen wesentlich risikoreicher?
Die Zusammensetzung des Small-Cap-Universums unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von derjenigen der Large Caps. So ist der Technologiesektor bei kleineren Unternehmen deutlich weniger stark vertreten. Nach einem fantastischen Jahrzehnt hoch bewerteter Technologieunternehmen sehen wir dies einfach als eine geringere Risikokonzentration bei Small Caps an. Kleinere Unternehmen sind auch eher im Besitz und unter Leitung von Familien oder Kerninvestoren. Dies bedeutet in der Regel, dass bei der Kapitalverwendung mehr Sorgfalt herrscht und die Wahrscheinlichkeit unüberlegter, auf kurzfristige Gewinnsteigerungen ausgerichteter Übernahmen geringer ist.
Kleinere europäische Unternehmen – Warum jetzt?
Inflation
Im Vergleich zu Large-Cap-Unternehmen sind Finanzwerte, Materialien und Immobilien besser vertreten. Dies könnte sich als vorteilhaft erweisen, da diese Sektoren traditionell von steigenden Zinssätzen profitieren. Ein Beispiel dafür ist der Immobiliensektor, wo ein inflationäres Umfeld tendenziell zu einer größeren Nachfrage und höherem Vermietungsgrad geführt hat. Immobilieneigentümer können in inflationären Zeiten die Mieten erhöhen, und viele Mietverträge enthalten einen Mietpreisindex, der jährlich mit der Inflation wächst.
Bewertungen
Die Bewertungen der europäischen Small Caps sind auf dem niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre, was sie im historischen Vergleich attraktiv macht. Wir müssen uns jedoch darüber im Klaren sein, dass es zu weiteren Herabstufungen kommen kann.
Die grüne Agenda Europas
Während die letzten zehn Jahre von der Entwicklung der Mega-Cap-Tech-Unternehmen geprägt waren, glauben wir, dass das nächste Jahrzehnt von Investitionen in Nachhaltigkeit geprägt sein wird. Europa ist in diesem Bereich bereits weltweit führend und behauptet seine Dominanz durch die zahlreichen Initiativen der Europäischen Union, die sich auf insgesamt mehr als 1,8 Billionen Euro belaufen.1 Die jüngste Initiative ist der European Recovery Fund, der die Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt der Maßnahmen zur Bewältigung der durch die Pandemie verursachten wirtschaftlichen und sozialen Folgen gestellt hat. Wir sind der Meinung, dass europäische Unternehmen, von denen sich viele bereits mit Nachhaltigkeitsaspekten befassen, potenziell von dem weltweiten Vorstoß in Richtung nachhaltiger Praktiken profitieren können.
Das Universum der kleineren Unternehmen in Europa bietet eine äußerst vielfältige und dynamische Mischung von Wachstumsunternehmen. Mit starken Bilanzen, soliden Gewinnen und weniger gut abgedeckten Unternehmen, die anfällig für Fehlbewertungen sind, glauben wir, dass kleinere europäische Unternehmen eine bedeutende Chance für aktive Stockpicker darstellen können. Darüber hinaus könnten der Inflationsdruck und die zunehmende Bedeutung ökologischer und sozialer Faktoren der Anlageklasse zugutekommen.