FONDS exklusiv: Schlagen die finanziellen Sorgen vieler Menschen im Land auch auf die Altersvorsorge durch? Wie sind Ihre Erfahrungen, Herr Nuschele?
Christian Nuschele: Teils, teils. Unsere Erwartungen zum Neugeschäft haben wir leicht nach unten korrigieren müssen. Denn im zweiten Halbjahr 2022 haben die teilweise dramatischen Preissteigerungen gepaart mit den Mehrkosten für Energie dazu geführt, dass die Budgets in vielen Haushalten spürbar knapper werden. Viele Menschen sind sich unsicher, ob sie noch langfristige finanzielle Bindungen eingehen können oder mussten bereits feststellen, dass es hierfür derzeit keine Freiräume gibt.
Wie ist die Lage bei Kunden, die schon länger monatlich Beiträge einzahlen?
C. N.: Wir erleben einige Kündigungen, weil das Geld benötigt wird. Dies passiert aber nicht in starkem Ausmaß und nur etwas mehr als in normalen Zeiten. Viel häufiger machen Kunden von der Flexibilität der Produkte Gebrauch und nutzen bei finanziellen Engpässen Beitragsferien oder -reduzierungen.
Was empfehlen Sie, wenn der Schuh finanziell kräftig drückt?
C. N.: Es gibt Möglichkeiten wie befristete Beitragsfreistellungen, um sich finanziell Luft zu verschaffen. Viele Verträge bieten auch die Option, sich Geld auszahlen zu lassen. Alles dies ist besser, als einen im Aufbau befindlichen Vertrag aufzulösen. Das gilt erst recht bei Verträgen, die mit der Absicherung biometrischer Risiken gekoppelt sind, weil man hier einen langfristig gesicherten Gesundheitszustand unumkehrbar aufgeben würde. Auch steuerlich kann eine Kündigung Nachteile bringen.
Der zweite Blick gilt in Krisenzeiten dem Vorsorgeportfolio. Sehen Sie hier häufig Anpassungsbedarf?
C. N.: Krisenzeiten stellen einen guten Zeitpunkt dar, die Ausrichtung des Portfolios gemeinsam mit einem unabhängigen Berater zu überprüfen. Entspricht die Portfolioausrichtung noch meinem Chance-Risiko-Profil? Will ich stärker auf die Renditechancen von Aktien setzen, um mein Vorsorgeziel trotz geringerer finanzieller Möglichkeiten erreichen zu können? Solche Fragestellungen ergeben sich bei vielen Bürgerinnen und Bürgern. Aber leider müssen wir feststellen, dass Fondspolizzen relativ selten an veränderte Kapitalmarktbedingungen angepasst werden.
Ein Ausweg sind gemanagte Varianten, oder?
C. N.: Das stimmt. 80 Prozent unserer Kunden entscheiden sich dafür. Aber auch hier können Portfolio-Anpassungen sinnvoll sein. Beispielhaft deutlich wird dies bei unseren fünf Standard Life Global Index Funds. Je nach Kundenwunsch besteht hier die Wahl zwischen Aktienquoten von 20, 40, 60, 80 und 100 Prozent. Die zu Grunde
liegenden passiven Fonds kommen von Vanguard. Das regelmäßige Rebalancing auf die jeweilige Ausgangs-allokation findet automatisch statt –trotzdem kann sich der Kunde aktuell fragen, ob das gewählte Risikoprofil noch passt oder eines der vier anderen Portfolien besser geeignet ist.
Ist das aktienorientierte Sparen via Fondspolizze überhaupt der richtige Weg für die Altersvorsorge?
C. N.: Die Kapitalmarktzyklen der letzten Jahrzehnte zeigen deutlich, dass es immer wieder Rückschläge gegeben, danach aber stets eine Erholung eingesetzt hat, sodass gutes Geld zu verdienen war. Gleichzeitig bietet die Fondspolizze dabei die Flexibilität, die gewählten Fonds oder Portfolios während der gesamten Vertragslaufzeit jederzeit zu verändern oder Kapital umzuschichten, ohne dass hierdurch Kosten entstehen. Und die späteren Auszahlungen sind steuerfrei. Lediglich die Beitragszahlungen werden mit vier Prozent besteuert.
Raten Sie dann eher zu einem ungezillmerten Tarif?
C. N.: Wir bieten beides an. Denn bei langen Laufzeiten liefern gezillmerte Tarife, bei denen die Gesamtkosten in den ersten fünf Jahren der Vertragslaufzeit gezahlt werden, ein sehr kostengünstiges Gesamtpaket. Dies gilt aber nur unter einer Voraussetzung: Der Vertrag muss 20 Jahre und länger bedient werden. Laut Statistik hält der durchschnittliche Lebensversicherungsvertrag in Österreich aber nur acht Jahre. Dann eröffnet jedoch der ungezillmerte Tarif höhere Rückkaufswerte, weil die Kosten gleichmäßig auf die gesamte Vertragslaufzeit verteilt werden. Daher erfreut sich diese Tarifvariante wachsender Beliebtheit.