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Die Inflation bleibt hartnäckig

Juni 2024
Trotz der jüngsten Zinssenkung rechnet die EZB nicht mit einer weiter rasch sinkenden Inflation, konstatiert Johannes Mayr, Eyb & Wallwitz.
Eyb & Wallwitz
Johannes Mayr, Eyb & Wallwitz

Auf ihrer Junisitzung hat die EZB die Leitzinsen, wie erwartet, um 25 Basispunkte gesenkt und damit erstmals vor der FED die Geldpolitik gelockert. Die jüngsten überraschend starken Daten zur Preisentwicklung und sicher auch die abwartende Haltung der FED haben den Tonfall sehr vorsichtig ausfallen lassen. Weitere Zinssenkungen dürften zwar kommen, die Landezone für den Leitzins könnte in Europa aber bereits bei etwa drei Prozent liegen, meint Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz.

Nach der Senkung liegt der für den Finanzmarkt relevante Einlagenzins bei 3,75 Prozent. Gleichzeitig hat die EZB ihre Wachstums- und Inflationsprognosen nach oben revidiert. Im Jahresdurchschnitt 2024 erwartet die Notenbank nun eine Teuerung von 2,5 Prozent (bisher: 2,2 Prozent). Auch die Inflationsprognose für 2025 wurde auf 2,2 Prozent angehoben (bisher: zwei Prozent). Das Statement der EZB und die Äußerungen von Präsidentin Lagarde sind taubenhaft und wenig konkret ausgefallen. Die EZB sieht für Europa ein deutlich geringeres Risiko eines Wiederanstiegs der Inflation als die FED für die USA, vor allem da sich die Inflationserwartungen auf niedrigerem Niveau stabilisiert haben. Der anhaltende Lohndruck lässt die Geldpolitik aber auch in Europa sehr vorsichtig agieren.

AUSSICHTEN FÜR ANLEGER

Die EZB hat ihre Ankündigung erfüllt und die erste Zinssenkung durchgezogen. Dabei dürfte auch die Glaubwürdigkeit von Ankündigungen generell eine Rolle gespielt haben. Gleichzeitig hat Lagarde deutlich gemacht, dass der jüngste Schritt vor allem als Verringerung der aktuell starken Bremswirkung verstanden werden soll. Ob es auch der Beginn eines Lockerungszyklus sein wird, darauf wollte sich Lagarde heute nicht klar festlegen. Und das ist gut so, denn die einzige Gewissheit mit Blick auf die Geldpolitik ist ihre Datenabhängigkeit.

Für das zweite Halbjahr erwartet die EZB ein unangenehmes Auf und Ab der Inflationsrate bei einem schrittweisen Rückgang der Lohndynamik. Bei einem solchen Verlauf sind weitere moderate Zinssenkungen zwar realistisch, allerdings könnte sich die Landezone für den Leitzins bereits bei etwa drei Prozent befinden. Stärkere Zinssenkungen sind nur im Fall einer erneuten deutlichen Konjunktureintrübung realistisch, und damit datenabhängig.