Lithium-Ionen-Batterien gelten weltweit als unverzichtbar für die Energiespeicherung – noch. Denn die Nachfrage nach langlebigeren, nachhaltigeren und sicheren Energiespeicherlösungen steigt nicht zuletzt durch den Aufstieg der E-Mobilität stetig. Alternative Batterie-Chemikalien stehen demzufolge im Mittelpunkt wissenschaftlicher Forschung. Rahul Bhushan, Co-Gründer und CIO des thematischen ETF-Emittenten Rize ETF, stellt vier Lithium-Ionen-Konkurrenten auf den Prüfstand.
Die Welt soll mithilfe elektrischer Antriebssysteme mobil bleiben, und zwar effizient und umweltschonend. Die Lithium-Ionen-Technologie hat sich dabei zwar als führende Batterietechnologie etabliert, deren Vorherrschaft durch ständige Weiterentwicklung erhalten bleibt – dennoch sind auch alternative Speichertechnologien längst in das Interesse der Forschung gerückt. Der Fokus liegt dabei auf hoher Energiedichte und Leistung sowie Sicherheit und gleichzeitig niedrigen Kosten. Vier chemische Verbindungen sind Bhushan zufolge vielversprechend und könnten dem Branchen-Vorreiter in Zukunft Konkurrenz bereiten.
ZINK-LUFT FÜR DIE MEDIZINTECHNIK
Zink-Luft-Batterien verwenden eine Zinkanode und Luftsauerstoff als Kathode, wodurch sie leicht und kostengünstig in der Herstellung sind. Durch ihre im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien theoretisch höhere Energiedichte vermögen sie mehr Energie pro Gewichts- oder Volumeneinheit zu speichern.
Eine der größten Herausforderungen für Zink-Luft-Batterien besteht jedoch darin, dass sie eine begrenzte Lebensdauer haben und nur eine bestimmte Anzahl von Lade- und Entladevorgängen möglich sind, bevor ihre Leistung nachlässt. Feuchtigkeit und hohe Temperaturen können den Lebenszyklus zusätzlich verkürzen und ihre Leistung verringern. Dennoch findet die Zink-Luft-Technologie aufgrund ihres geringen Gewichts, ihrer höheren theoretischen Energie und ihrer niedrigen Kosten beispielsweise für Hörgeräte und andere medizinische Geräte Anwendung. Aktuell liegt der wissenschaftliche Fokus auf der Verbesserung ihrer Lebensdauer und Leistung, was sie in Zukunft zu einer brauchbaren Alternative zu Lithium-Ionen-Batterien machen könnte, insbesondere in der Medizintechnik.
EISEN-LUFT: HOHE ENERGIEDICHTE
Eisen-Luft-Batterien funktionieren auf der Grundlage einer chemischen Reaktion zwischen Eisen und Sauerstoff, wobei der Sauerstoff aus der Atemluft als Reaktionspartner dient. Ein bemerkenswerter Vorteil dieser Technologie ist ihre potenziell höhere Energiedichte. Eisen ist zudem ein reichlich vorhandenes und kostengünstiges Material, was die Technologie auf lange Sicht leichter zugänglich und wirtschaftlicher macht.
In puncto Sicherheit glänzen Eisen-Luft-Batterien geradezu, denn sie enthalten von Natur aus keine entflammbaren Elektrolyte oder flüchtige Komponenten – ideal für Anwendungen mit höchsten Sicherheitsanforderungen. Eine wesentliche Einschränkung ist allerdings noch die im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien langsame Ladegeschwindigkeit und begrenzte kommerzielle Nutzbarkeit aufgrund mangelnder Produktionskapazitäten. Die Verbesserung der Ladegeschwindigkeit und Leistung ist der Schwerpunkt aktueller Forschung. „Weitere Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen sind für Eisen-Luft-Batterien unerlässlich. Aufgrund ihrer Energiedichte, hohen Sicherheit, niedrigen Kosten und der großen Verfügbarkeit von Eisen hat die Technologie großes Potenzial für Hochleistungsanwendungen wie Elektrofahrzeuge und Netzspeicher“, so Bhushan.
FESTSTOFFBATTERIEN: ÜBERHITZUNGSSICHERHEIT
Feststoffbatterien stellen eine innovative Batterietechnologie dar und nutzen einen festen anstelle des flüssigen oder gelartigen Elektrolyten, der in Lithium-Ionen-Batterien verwendet wird. Dies macht sie sicherer, da keine Gefahr des Auslaufens des Elektrolyts oder des thermischen Durchgehens besteht, was zu Bränden oder Explosionen führen kann. Festkörperbatterien haben außerdem das Potenzial für eine höhere Energiedichte, eine längere Lebensdauer und schnellere Ladezeiten als Lithium-Ionen-Batterien.
Auch Feststoffbatterien sind nicht ohne Nachteile: Aktuell ist ihre Herstellung teurer als die von Lithium-Ionen-Batterien, obwohl an einer Senkung der Produktionskosten geforscht wird. „Insgesamt ist die Technologie vielversprechend, vor allem, da Feststoffbatterien mit höheren Temperaturen arbeiten können und so bei gleichzeitig hohem Sicherheitsniveau für Hochleistungsanwendungen prädestiniert sind“, lässt Bhushan wissen. „Die Herstellungskosten werden erwartungsgemäß bei weiterer Erforschung der Technologie und Ausbau der Produktionskapazitäten sinken.“
POTENTIAL FÜR GROSSE SPEICHER
Natrium-Ionen-Batterien haben zwar einige chemische Eigenschaften mit den Lithium-Ionen-Batterien gemeinsam, sind jedoch aufgrund wesentlicher Unterschiede in ihrer Anwendbarkeit eingeschränkt. So speichern sie weniger Energie pro Gewichts- oder Volumeneinheit und eignen sich demzufolge weniger gut für tragbare Technologien wie Smartphones und Laptops, wo leichte Batterien mit hoher Energiedichte erforderlich sind. Darüber hinaus ist die Lebensdauer von Natrium-Ionen-Akkumulatoren aufgrund des schnelleren Abbaus von Elektroden geringer, was ihre Kosteneffizient auf lange Sicht verringern kann.
Bhushan kommentiert zu dieser Technologie: „Zum aktuellen Forschungsstand kann gesagt werden, dass die Natrium-Ionen-Technologie weniger ausgereift ist als Lithium-Ionen. Es gibt also noch Entwicklungspotenzial bezüglich der Leistungsoptimierung und Kostensenkung. Dennoch bleibt die Energiedichte aufgrund der inhärenten Technologie begrenzt, wenngleich sich Natrium-Ionen-Batterien als kosteneffiziente Option für bestimmte Anwendungen etablieren könnten, bei denen Gewicht und Energiedichte weniger wichtig sind. Ein Beispiel sind groß angelegte Energiespeichersysteme.“
FAZIT
Obwohl sich Lithium-Ionen-Batterien als die bevorzugte Batterietechnologie durchgesetzt hätten, verspreche auch die Erforschung alternativer chemischer Kompositionen eine nachhaltigere und effizientere Zukunft. „Zink-Luft-Batterien bieten eine höhere Energiedichte und niedrigere Kosten für bestimmte Anwendungen, Eisen-Luft-Batterien zeichnen sich durch Sicherheit und potenziell höhere Energiedichte aus, Festkörperbatterien bieten verbesserte Sicherheit und Leistung, und Natrium-Ionen-Batterien sind reichlich vorhanden und erschwinglich. Nichtsdestotrotz behalten Lithium-Ionen-Batterien aufgrund ihrer weiten Verbreitung, der etablierten Infrastruktur und der ständigen Weiterentwicklung ihre Vorherrschaft – eine Vorherrschaft, die durch fortschreitende Forschung in Frage gestellt werden könnte“, so Bhushan abschließend.