Auf dem letztjährigen Treffen in Jackson Hole versprach der Fed-Vorsitzende Jerome Powell, die maximale Beschäftigung anzustreben, und tat die Inflation als vorübergehend ab. In diesem Jahr bekräftigten die Zentralbanker ihr unbedingtes Engagement für die Eindämmung der Inflation – und bereiteten sich auf drohende Schmerzen in ihrem Kampf vor. Der Preisdruck hält angesichts steigender Löhne in den USA und explodierender Energiekosten in Europa an. Die 1970er Jahre lehren, dass die Zentralbanken frühzeitig und energisch handeln müssen, damit steigende Inflationserwartungen den Preisdruck nicht weiter verstärken.
So bereitete Powell die US-Amerikaner trotz steigender Rezessionsrisiken auf „einige Schmerzen“ (schwächere Wirtschaft und weniger Arbeitsplätze) vor, während EZB-Chef Isabel Schnabel ein größeres „Opfer“ zur Eindämmung des Preisdrucks vorhersagte als in früheren Straffungsphasen. Für September bedeutet dies, dass sowohl für die EZB (8. September) als auch für die Fed (21. September) Zinserhöhungen um 50 Basispunkte das Minimum zu sein scheinen – wobei sogar Schritte um 75 Basispunkte in Frage kämen.
Die steile Anpassung der Zinserwartungen (die Fed rechnet nun mit einer Anhebung um 135 Basispunkte bis zum Jahresende, die EZB mit 155 Basispunkten) ist bereits weit fortgeschritten. Zinsänderungen wirken sich mit einer beträchtlichen Verzögerung auf die Realwirtschaft aus und bergen das Risiko einer Überstraffung. Der sich abzeichnende Konjunkturabschwung, der nachlassende Druck auf die Lieferketten und die schwächeren Rohstoffpreise könnten es den Zentralbanken zwar immer noch ermöglichen, ihr Straffungstempo im Herbst zu drosseln. Angesichts der festen Zusage der Zentralbanken, ihre derzeitige restriktive Haltung beizubehalten, scheint eine schnelle Umkehr der Erwartungen aber wenig wahrscheinlich.