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Der Blick auf die Bondmärkte

November 2024
Vanguard dämpft die Erwartungen an eine US-Aktienrallye und sieht mehr Chancen bei Anleihen.
Vanguard
Roger Aliaga-Díaz, Vanguard

Eine weitere Rallye am US-Aktienmarkt ist unwahrscheinlich. Stattdessen bieten Anleihen attraktivere Perspektiven, meint Roger Aliaga-Díaz, Global Head of Portfolio Construction & Chief Economist Americas, Vanguard. Erwartet wird, dass sich der Neutralzinssatz bei etwa 3,5 Prozent und damit deutlich über dem Vor-Pandemie-Niveau einpendelt. In diesem Umfeld könnten Anleihen in den nächsten zehn Jahren stabile Renditen von über vier Prozent bieten, während das Vanguard Capital Markets Model (VCMM) für US-Aktien eine durchschnittlichen Jahresrendite von knapp unter vier Prozent prognostiziert.

ZWISCHEN INFLATIONS- UND REZESSIONSGEFAHR

Nach einer ersten Zinssenkung um 0,5 Prozent im September hat die Fed am 7. November die kurzfristigen Zinssätze erneut um 0,25 Prozent gesenkt. Das Zielband für den Leitzins liegt nun bei 4,50 bis 4,75 Prozent. Mit Beginn des Zinssenkungszyklus wird sich zeigen, dass der Umfang der Zinssenkungen wichtiger ist als das Timing. „Eine der größten Herausforderungen für eine Zentralbank ist das Timing der Zinsentscheidungen“, erklärt Aliaga-Díaz. „Sinken die Zinsen zu langsam, droht eine Rezession; sinken sie zu schnell, könnte die Inflation wieder anziehen. Die Fed strebt daher eine ‚weiche Landung‘ an, die Wachstum und Preisstabilität ausbalanciert.“

Angesichts struktureller Faktoren wie steigender Haushaltsdefizite und einer alternden Bevölkerung erwartet Vanguard langfristig einen nominalen Neutralzins von etwa 3,5 Prozent. Die Fed hat ihre Schätzung dieses Jahr auf 2,9 Prozent angehoben. „Wir erwarten jedoch eine weitere Anhebung im nächsten Jahr“, so Aliaga-Díaz, was die Zinsen weiterhin auf einem hohen Niveau halten dürfte.

Ob die US-Wirtschaft eine Rezession kurzfristig vermeiden kann oder nicht, hat auf die langfristigen Renditeprognosen von Vanguard für Aktien und Anleihen bis 2034 nur wenig Einfluss. „In beiden Szenarien rechnen wir mit einer durchschnittlichen Jahresrendite von knapp unter vier Prozent für US-Aktien, langfristige US-Staats- und -Unternehmensanleihen dürften dagegen bei geringerer Volatilität deutlich über vier Prozent abwerfen“, so Aliaga-Díaz. Bei einer Rückkehr zum Niedrigzinsumfeld vergangener Jahre würden die Renditeprognosen für Aktien angehoben. Allerdings geht Vanguard davon aus, dass sich die Zinsen auf höherem Niveau einpendeln werden – was für Anleihen spricht.

KOMMT NOCH EINE AKTIENRALLYE?

Für positive Aktienrenditen trotz hoher Bewertungen müsste mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt sein: Die US-Wirtschaft muss eine Rezession vermeiden, künstliche Intelligenz muss die Erwartungen an die Unternehmensgewinne übertreffen, oder der Neutralzins müsste auf das Vor-Pandemie-Niveau zurückfallen. „Eine Rückkehr zu einem niedrigen Neutralzinssatz halten wir jedoch für unwahrscheinlich, und unsere Aktienprognosen bleiben verhalten – unabhängig davon, ob die US-Wirtschaft eine harte Landung vermeiden kann oder nicht“, fasst Aliaga-Díaz zusammen.

Unabhängig vom Zinsverlauf sieht Vanguard Anleger langfristig mit einem diversifizierten Portfolio aus Aktien und Anleihen gut positioniert. „Mit passender Risikotoleranz und geeigneter Finanzberatung können Anleger ihre Portfolioausrichtung dynamisch an die Marktbedingungen anpassen, die derzeit eher Anleihen begünstigen“, erläutert Aliaga-Díaz die aktuelle Marktsituation.