In den kommenden Monaten dürfte die Wirtschaft an Schwung verlieren. Bis Jahresende rechnet Vanguard mit einem abgeschwächten Wachstum, wie der aktuelle Marktausblick des Unternehmens zeigt. Für die USA erwartet Vanguard eine Zinssenkung im September, und auch im Euroraum sind trotz Preisdrucks weitere Senkungen wahrscheinlich. In Großbritannien dürften die Zinssenkungen aufgrund der stabileren Konjunktur jedoch nur moderat ausfallen. China befindet sich in einer Konjunkturflaute; ob sich die Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte erholt, hängt laut Vanguard entscheidend von staatlichen Maßnahmen ab. Vor dem Hintergrund dieser globalen Entwicklungen gewinnen Anleihen durch ihr verbessertes Risiko-Rendite-Profil an Attraktivität.
„Der unerwartet schwache Arbeitsmarktbericht für Juli liefert Argumente für eine Zinssenkung im September“, kommentiert Shaan Raithatha, Senior Economist bei Vanguard, Europe. Im Juli wurden lediglich 114.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, während die Arbeitslosenquote auf 4,3 Prozent stieg. Obwohl das US-Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal mit 2,8 Prozent noch robust ausfiel, wird bis Jahresende mit einer Abschwächung gerechnet. Für das Gesamtjahr 2024 erwartet Vanguard ein Wachstum von zwei Prozent. „Wir rechnen mit insgesamt zwei Zinssenkungen um jeweils 25 Basispunkte bis Jahresende“, so Raithatha. Für 2025 erwartet Vanguard ein unter Trend liegendes Wachstum, eine Kerninflation von annähernd zwei Prozent und einen moderaten Anstieg der Arbeitslosenquote.
EUROZONE: VERHALTENE DATEN
Die Wirtschaft im Euroraum wuchs im zweiten Quartal um moderate 0,3 Prozent. Die Inflation zog im Juli leicht auf 2,6 Prozent an. „Die Inflationsrate von Energie, Nahrungsmitteln und Gütern hat die Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent bereits erreicht“, stellt Raithatha fest. Die Inflation wird laut Vanguard nur langsam zum Zielwert der EZB zurückkehren. Trotz des Preisdrucks rechnet Vanguard mit einer weiteren Zinssenkung im September. „Anschließend dürfte die EZB die Zinsen vierteljährlich um jeweils einen Viertelprozentpunkt senken, also auf 3,25 Prozent bis Ende 2024 und auf 2,25 Prozent Ende 2025″, so Raithatha.
Die britische Wirtschaft präsentiert sich stabiler. Während sich die Inflation im Juli abschwächte, fiel das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal nur geringfügig niedriger aus als im ersten Quartal, als sich die britische Wirtschaft von einer kurzen Rezession erholte. Für das Gesamtjahr erwartet Vanguard ein Wachstum von 1,2 Prozent. Die Bank of England reagierte auf die Zeichen der Stabilisierung mit einer Leitzinssenkung um 0,25 Prozentpunkte. Ob die Bank of England die Zinsen weiter senken wird, ist derzeit noch offen. „Wir rechnen nur mit allmählichen weiteren Zinssenkungen“, erklärt Raithatha. Hintergrund seien die anhaltend hohen Preise im Dienstleistungssektor. Am Arbeitsmarkt sank die Arbeitslosenquote auf 4,2 Prozent. Gegen Jahresende erwartet Vanguard eine Arbeitslosenquote von vier bis 4,5 Prozent.
In einem von gedämpften Wachstumsaussichten und sinkenden Leitzinsen geprägten Umfeld rücken Anleihen aufgrund ihres attraktiven Risiko-Rendite-Profils wieder verstärkt in den Fokus. Die Zehn-Jahres-Prognosen von Vanguard sehen für Anleihen, je nach Anlagesegment und Basiswährung, Nominalrenditen zwischen 0,3 Prozent und 5,2 Prozent bei einer vergleichsweise geringen Medianvolatilität von 4,1 Prozent bis 9,9 Prozent vor. Aktien versprechen zwar höhere Renditeerwartungen (-0,6 Prozent bis 7,2 Prozent), unterliegen aber auch einer höheren Medianvolatilität (15,9 Prozent bis 28,4 Prozent).