Die deutschen und europäischen Autobauer stecken in der Zwickmühle aus hohen Produktionskosten für E-Autos bei gleichzeitig stagnierender E-Auto-Nachfrage, wachsender Konkurrenz aus China und politischen Zielen, die auf ein Ende ihres zuverlässigen Margenbringers hinauslaufen: des Verbrennermotors.
Der Stoxx Europe Automobil hat seit Jahresbeginn rund 9,6 Prozent verloren und ist bisher der schwächste Sektor in Europa. Nahezu alle europäischen Automobilhersteller mussten ihre Ziele, die sie sich noch am Jahresanfang gesetzt hatten, deutlich nach unten revidieren. Die deutschen OEMs stecken also in der Zwickmühle: Sie verdienen, anders als mit ihren Verbrennermodellen, mit ihren Elektroautos kaum Geld – die Marge ist zu gering.
Kostenseitig können sie mit der zum Teil subventionierten chinesischen Konkurrenz nicht mithalten – die Produktion ist zu teuer. Die Branche sucht nach einem angemessenen Preisaufschlag für westliche Marken. Die Folge sind erhebliche Marktanteilsverluste, wie es deutsche Autobauer in China erleben. Laut dem Verband der Automobilindustrie (VDA) sank der Marktanteil deutscher OEMs in China im ersten Halbjahr auf 20,3 Prozent, ein Minus von 2,1 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr und nahezu sechs Prozentpunkte niedriger als 2019.
Zeitenwende in China
Das Wort „Zeitenwende“ scheint für Chinas Automobilmarkt angebracht zu sein. Die europäischen OEMs haben ihren über Jahrzehnte aufgebauten technologischen Vorsprung beim Herzstück eines Autos – dem Antriebsstrang – zu großen Teilen verloren. Der größte chinesische Autobauer BYD erkennt den Vorsprung der europäischen OEMs bei Verbrennermotoren an, hält sie aber bei E-Autos für nicht konkurrenzfähig. Waren bzw. sind chinesische Verbraucher auch gewillt, einen signifikanten Aufschlag für westliche Verbrennermodelle zu bezahlen – für westliche E-Autos sind sie es nicht.
Die Chinesen scheinen eine Präferenz für chinesische Autos entwickelt zu haben. Zudem befördert die kommunistische Regierung eine sogenannte „Luxury shame“: Chinesen sollen sich demnach von westlichem Luxus abwenden. Das trifft die Hersteller von Ober- und Luxusklasse-Modellen. Entsprechend hat Porsche auf die Absatzschwäche reagiert und die Anzahl der chinesischen Händler halbiert – ein klares Zeichen, dass sie nicht von einer zeitnahen Erholung ausgehen.
Stockende Elektrifizierung
Die globalen Verkaufszahlen aller E-Autos wuchsen in der ersten Jahreshälfte 2024 immer noch stärker als der Gesamtautomobilmarkt, allerdings haben sie mit einem Plus von nur sieben Prozent stark an Momentum verloren im Vergleich zu den 22 Prozent im Vorjahreszeitraum. Die Situation in Europa (plus ein Prozent) und vor allem Deutschland (minus neun Prozent) ist deutlich ausgeprägter. Wegfall staatlicher Förderungen, mangelnde Ladeinfrastruktur sowie die erwarteten Fortschritte bei der Batterietechnologie lassen potenzielle E-Auto-Käufer tendenziell erst einmal abwarten.
Insgesamt dürfte sich die Konkurrenzsituation in Europa aller Voraussicht nach weiter verschärfen, da der chinesische Auto-Tsunami potenziell erst noch bevorsteht. Auch wenn die Bewertungen der Aktien in der Industrie sehr viel Negatives einpreisen, ist davon auszugehen, dass die Talsohle der Aktienkurse bei den europäischen OEMs noch nicht durchschritten ist und man bis auf weiteres vorsichtig sein sollte.