Hoher Inflationsdruck, eine restriktive Geldpolitik und unterbrochene Lieferketten gefährden zunehmend die Profitabilität und den Cash Flow der Unternehmen. Viele Regierungen versuchen die Situation mit Steuermaßnahmen in den Griff zu bekommen. Ob die Maßnahmen ausreichen, hängt vor allem von der Energiekrise und der damit einhergehenden Rezessionsentwicklung ab. Acredia, die führende österreichische Kreditversicherung hat gemeinsam mit Allianz Trade tausende Makro-Finanzdaten analysiert und eine Prognose zum weltweiten Insolvenzgeschehen erstellt.
ÖSTERREICH ERSTMALS ÜBER VOR-PANDEMIE-NIVEAU
Europa wird sich in den nächsten zwei Jahren auf steigende Insolvenzzahlen einstellen müssen. Besonders in Frankreich (2022: plus 46 Prozent; 2023: plus 29 Prozent), Großbritannien (51 Prozent; plus 10 Prozent), Deutschland (plus 5 Prozent; plus 17 Prozent) und Italien (minus 6 Prozent; plus 36 Prozent) wird ein starker Anstieg erwartet. Branchen wie die Bauwirtschaft, der Handel und die Logistik sind stark betroffen. Dabei sind es vornehmlich kleinere Unternehmen, denen Inflation, explodierende Energiekosten und steigende Löhne zum Verhängnis werden.
Auch in Österreich ist die Trendwende in vollem Gange. Bis Ende September 2022 mussten 3.553 Unternehmen Insolvenz anmelden (Quelle: KSV1870). Das entspricht einer Zunahme von 96 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum und stellt damit den stärksten Anstieg aller europäischen Länder dar.
„Bis Ende des Jahres könnten wir in Österreich auf knapp 5.000 Firmenpleiten kommen“, schätzt Gudrun Meierschitz, Vorständin von Acredia. „Für 2023 erwarten wir dann, dass die Anzahl das erste Mal wieder über dem Vor-Pandemie-Niveau liegt. Derzeit gehen wir von einem Anstieg von 13 Prozent für 2023 aus, verglichen mit 2019 wäre das ein Plus von 8 Prozent. “
INSOLVENZEN STEIGEN WELTWEIT
Die Analyse geht davon aus, dass die Zahl der weltweiten Firmenpleiten sowohl 2022 (plus 10 Prozent) als auch 2023 (plus 19 Prozent) steigen wird. Nach zwei Jahren mit rückläufigen Zahlen signalisiert das eine Trendwende. Bis Ende 2023 könnte das globale Insolvenzgeschehen wieder auf Vor-Pandemie-Niveau liegen (plus 2 Prozent).
„Weltweit hat bereits eine Trendwende eingesetzt. Die Hälfte aller Länder, die wir analysiert haben, verzeichnete im ersten Halbjahr 2022 ein zweistelliges Plus bei den Unternehmensinsolvenzen“, fasst Meierschitz die Entwicklung zusammen. „Auch Länder, die derzeit noch niedrige Insolvenzzahlen aufweisen, wie die USA, China, Deutschland, Italien und Brasilien, dürften nächstes Jahr einen Anstieg verzeichnen.“
FOLGEN STAATLICHER HILFEN
Sollte die Energiekrise eine stärkere Rezession in Europa auslösen, wird es wahrscheinlich vermehrt staatliche Hilfen geben, um die Insolvenzsteigerung einzudämmen. Ausgehend von den derzeitigen Unterstützungen, die gezielt die Insolvenzdynamik verlangsamen sollen, könnte 2022 und 2023 der Anstieg an Firmenpleiten in den größten europäischen Märkten um 10 Basispunkte gedrückt werden.