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„Für europäische Aktien bin ich sehr positiv gestimmt“

Printausgabe | April 2023
Durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz, einer Optionsstrategie und dem Aktienuniversum selbst gelingt es Robert Beer, Geschäftsführer der gleichnamigen Investmentgesellschaft den EuroStoxx 50 zu schlagen. Für europäische Blue Chips hebt der Fondsmanager mittelfristig den Daumen, rechnet zunächst aber mit Kursrücksetzern.
Robert Beer Investment GmbH
Robert Beer, Robert Beer Investment GmbH

FONDS exklusiv: Die Börsen in den USA und Europa sind mit starken Kurszuwächsen ins Jahr gestartet. Angesichts rückläufiger Energiepreise und einer stabilen Konjunktur rechnen viele Investoren mit einer Normalisierung der Inflation, sehr guten Unternehmensgewinnen und ersten Zinssenkungen in diesem Jahr. Teilen Sie diesen positiven Ausblick, Herr Beer?
Robert Beer:
Das sind zusammengefasst die positiven Faktoren, die an den Märkten gehandelt werden und für den unerwartet guten Jahresstart gesorgt haben. Meine mehr als 35 Jahre Börsenerfahrung mahnen mich allerdings, dass zusehends Vorsicht geboten ist, wenn alles allzu positiv erscheint. Angesichts unserer Strategie und unseres Risikomanagements bin ich da aber sehr entspannt.

Darauf kommen wir gleich zurück. Lassen Sie uns zuvor einen Blick auf die Wirtschaftsentwicklung und die Unternehmensgewinne werfen. Letztere sind zuletzt oft extrem gut ausgefallen. Hat Sie das überrascht?
R. B.: Das Ausmaß mitunter schon. Doch viele Unternehmen, insbesondere Marktführer, konnten die Preissteigerungen ungeschmälert an ihre Kunden weiterreichen. Das ist wichtig, weil die Unternehmensergebnisse angesichts einer kumulierten Inflation von rund 20 Prozent in den letzten beiden Jahren erst einmal um diesen Anteil wachsen müssen, damit sie real nicht an Wert verlieren. Das wissen die Kapitalmärkte, berauschen sich aber dennoch an den gut anzusehenden Gewinnentwicklungen.

Welche Schlussfolgerung ziehen Sie daraus?
R. B.: Die Kapitalmärkte gehen derzeit überwiegend davon aus, dass eine Rezession ausfällt und es den Notenbanken gelingen wird, die Inflation durch ein paar Zinsschritte abzusenken. Nach einer überschaubaren Pause werden bereits erste Zinssenkungen erwartet. Nur frage ich mich, ob beispielsweise die europäische Notenbank mit diesen wenigen Zinsschritten tatsächlich die Inflationsrate von zuletzt zehn auf zwei Prozent wird senken können. Das möchte ich doch stark bezweifeln. Ergo steckt derzeit viel Hoffnung in den Kursen. Deshalb kann ich mir gut vorstellen, dass wir in den nächsten Wochen noch einmal einen Kursrücksetzer erleben werden.

Die Annahme, dass es zu keiner Rezession kommen wird, blendet aus, dass die sogenannte Zinsstrukturkurve einen inversen Verlauf hat, der bisher verlässlich eine Rezession ankündigt hat. Wie erklären Sie sich das?
R. B.: Na ja, die Kapitalmärkte zeigen sich bisweilen sehr kreativ. Erinnern wir uns beispielsweise an den 2000er-Boom, als mit den Kursen von Technologietiteln auch die Bewertungen immer weiter nach oben kletterten. Um diesen Zustand akzeptieren zu können, erweiterte man das Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV, auf das dynamische KGV. Derlei Beispiele gibt es einige. So wird nun davon ausgegangen, dass sich die inverse Zinsstrukturkurve im Zuge künftiger Zinssenkungen auflösen wird. Ich rechne damit, dass sie sich eher verschärfen wird. Angesichts einer, besonders in der EU, weiter erhöhten Inflationsrate, dürften die Zinsen länger steigen und mit ihnen die Renditen kurzlaufender Anleihen, während das Renditeniveau der Zehnjährigen angesichts einer sich abschwächenden Konjunktur eher sinken dürfte.

Zurückblickend hatten die US-Börsen viele Jahre lang die Nase gegenüber den europäischen Aktienmärkten vorn. Was waren die Gründe?
R. B.: Ja, das stimmt. Allerdings waren die europäischen Aktienmärkte von 1992 bis 2000 sehr stark unterwegs. Danach musste der EuroStoxx 50 mehrfach stark Federn lassen, weil es in einzelnen Branchen kriselte, die aber den europäischen Index dominierten. Das war bei Telekomwerten so, dann bei Banktiteln und später bei Energieversorgern. Gleichzeitig hat der Technologie-Hype rund ums Internet und Social Media die Aktienkurse der vorwiegend in den USA beheimateten Tech-Werte getrieben und so viel Kapital in die US-Märkte gelenkt. Inzwischen hat sich auch hier eine gewisse Ernüchterung breitgemacht.

Wie beurteilen Sie die Lage heute?
R. B.: Für europäische Aktien bin ich sehr positiv gestimmt und fühle mich hier als Investor pudelwohl. Der EuroStoxx 50 bietet inzwischen einen guten Branchenmix mit Zukunftspotenzial. Die Aktienmärkte sind mit einem durchschnittlichen KGV von 13 bis 14 im Verhältnis zu den USA günstig bewertet, wo das KGV im Durchschnitt bei 18 liegt. Zwar erzeugen Themen wie die Energiekrise und politische Auseinandersetzungen, sei es um die Atomenergie oder die Unterstützung der Ukraine, viele Negativ-Schlagzeilen. Das sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in der EU rund 2.000 Global Player gibt, die auf der ganzen Welt konstant Jahr für Jahr Gewinne erzielen. Für den Investor ist doch vor allem eines entscheidend: Wo kann er sein Kapital in den nächsten zehn Jahren mit Renditeaussichten zwischen sieben und acht Prozent pro Jahr unter Schwankungen, aber solide investieren?

Dieses Renditeziel erreichen Sie seit 20 Jahren mit Ihrem „RB LuxTopic – Aktien Europa“. Was ist das Erfolgsrezept dieses vielfach ausgezeichneten Aktienfonds?
R. B.: Damals hatte ich mir angeschaut, wie sich europäische Aktienfonds in den zehn Jahren zuvor entwickelt hatten und musste feststellen, dass nur zwei aktiv gemanagte Fonds den EuroStoxx 50 geschlagen hatten. Anders ausgedrückt: Der Index ist besser als 90 Prozent der Fondsmanager. Folglich muss sich ein erfolgreiches Investment am Index orientieren. Dennoch wollte ich einen Weg finden, den Index zu schlagen.

Wie sieht der Weg aus?
R. B.: Unsere Ausgangsbasis sind die 50 Titel des EuroStoxx 50 mit einer Marktkapitalisierung von insgesamt fast vier Milliarden Euro. Die einzelnen Indextitel performen Jahr für Jahr unterschiedlich. Dabei sind die Gewinner von heute selten auch die von morgen. Deshalb habe ich einen Algorithmus kreiert, der uns in die Lage versetzt, die 30 bis 40 Werte mit der stärksten Performance zu kaufen und die zehn mit der schwächsten Wertentwicklung auszusortieren. Dies geschieht in einem laufenden Prozess und führt durchschnittlich zu zwei Transaktionen pro Monat. Zudem ist der Fonds nach Artikel 8 der Transparenzverordnung klassifiziert und berücksichtigt eine Reihe von Ausschlusskriterien.

Gelingt es Ihnen zurückblickend, den EuroStoxx 50 dauerhaft zu schlagen?
R. B.: Seit Fondsauflage ist es uns mithilfe der zuvor beschriebenen systematischen Aktienselektion in 15 der 20 Jahre mit unserem Aktienanteil gelungen, eine jährliche Outperformance von durchschnittlich zwei bis drei Prozent gegenüber dem Euro-Stoxx 50 zu erzielen.

Warum benötigen Sie dann zusätzlich ein aktives Risikomanagement ?
R. B.: Da es in unregelmäßigen Abständen zu mehr oder weniger heftigen Kurseinbrüchen kommt, nutzen wir eine Optionsstrategie. Das heißt: Gehen die Börsen in den Keller, verlieren unsere Aktienpositionen ebenfalls an Wert, während unsere Put-Optionen stark an Wert gewinnen und je nach Stärke des Kurseinbruchs den Verlust der Aktienpositionen ab einem bestimmten Zeitpunkt ausgleichen. So haben wir während des Corona-Crashs 2020 in der Spitze maximal zehn Prozent Wertverluste hinnehmen müssen. In den breiten Marktindizes betrug das Minus über 30 Prozent. Wir investieren nie ungesichert und finanzieren dieses Sicherheitsnetz weitestgehend aus der Outperformance gegenüber dem Index. Nach beinahe 20 Jahren sind wir mit dieser Strategie besser als der Index und dies bei oder genauer wegen deutlich geringerer Risiken für unsere Anleger.