Die Kurse in den USA und in Europa geben seit Monaten nach, konstatiert Eduard Baitinger, Head of Asset Allocation in der FERI Gruppe. Zuletzt hat sich der Abwärtstrend an den globalen Börsen weiter verfestigt. Für viele Investoren ist dies eine neue Erfahrung: Konnten sie in den vergangenen Jahren stets mit einer ultra-expansiven und somit marktfreundlichen Geldpolitik rechnen, ist auf den „Bail-Out“ der Notenbanken mittlerweile kein Verlass mehr. So hat etwa in diesem Jahr die „Buy the dip“-Strategie, mit der mutige Anleger für ihre Zukäufe in der Vergangenheit stets belohnt wurden, kläglich versagt. Folglich warten die Käufer an der Seitenline der Börse ab. Den Finanzmärkten fehlt deshalb zurzeit die Unterstützung, die nötig wäre, um aus dem negativen Sog herauszukommen. Dieser Teufelskreis könnte durch geldpolitische Hilfen durchbrochen werden.
Notenbanken fallen als Stützte weg
Allerdings sind die globalen Notenbanken angesichts der höchsten Inflationsraten seit rund 40 Jahren gegenwärtig dazu nicht in der Lage. Vielmehr ist genau das Gegenteil zu erwarten: Die geldpolitische Straffung wird voraussichtlich noch einmal verschärft, um das Problem der raschen Geldentwertung in den Griff zu bekommen. Die jüngsten Äußerungen von Jerome Powell bestätigen dies. Der Präsident der US-amerikanischen Zentralbank hat klar gemacht, dass die Inflationsbekämpfung im Vordergrund steht. Im Ernstfall würde dafür auch eine US-Rezession in Kauf genommen. Noch schwächere Aktienmärkte wären dann die unvermeidliche Folge.
Erholung der chinesischen Wirtschaft in Sicht
Trotz der Fülle schlechter Nachrichten gibt es auch einige Aspekte, die durchaus Anlass zur Hoffnung geben. Zunächst fällt auf, dass die globalen Aktienmärkte relativ zu ihrer Historie zunehmend attraktive Bewertungen aufweisen. Im Vergleich zu den höheren Zinsen an den Anleihenmärkten ist der Risikoaufschlag allerdings nicht attraktiv genug. Dennoch bieten sich in diesem Kontext interessante Chancen für Langfristinvestoren, sobald die Zinsanstiege ihren Zenit erreicht haben. Zudem darf die Situation in China nicht zu einseitig interpretiert werden. Zwar haben die strengen Lockdowns der chinesischen Wirtschaft schwer zugesetzt und zu Kapitalabflüssen und einem Abverkauf des Renminbis geführt.
Lockerungen der extrem strengen Lockdowns werden jedoch zunehmend wahrscheinlicher, da die Corona-Neuinfektionen in China spürbar gesunken sind. Dieser Umstand dürfte den Abschwung der chinesischen Wirtschaft bremsen und im weiteren Jahresverlauf verbesserte Aussichten für globale und vor allem chinesische Aktien eröffnen. Die jüngste Zinssenkung in China gibt dazu bereits erste wichtige Impulse.