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Immobilienmärkte unter Druck

Printausgabe | April 2023
Die Finanzierungskosten steigen, die Immobilienpreise könnten bereits ihren Zenit erreicht haben. Top-Privatbanker geben Einblicke, wie sie durch das herausfordernde Umfeld navigieren und zeigen auf, wo künftig Chancen und Risiken für Anleger bestehen.
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Die steigenden Zinsen hinterlassen deutliche Spuren in der Immobilienbranche. So verteuern sich Hypothekardarlehen für Privatkunden, ein Umstand, der allmählich auf der Nachfrage lastet. „Die Zinsbelastungen sind deutlich gestiegen“, konstatiert Norbert Prenner, Leiter Wealth Planning bei der Schoellerbank. Er verweist zudem auf die strikteren regulatorischen Vorgaben, wodurch es für private Immobilienkäufer immer schwieriger wird, eine Finanzierung zu erhalten. Sein Fazit: „In diesem Marktumfeld rechnen wir heuer mit tendenziell sinkenden Immobilienpreisen.“

„Auffallend ist die zum Erliegen gekommene Entwicklungstätigkeit von Projekten. Dies wird ab 2025 zu einem eingeschränkten Angebot bei einer gleichbleibenden oder sogar steigenden Nachfrage führen“, sagt Louis Obrowsky, dessen Einschätzung daher etwas zuversichtlicher ausfällt. Der Geschäftsführer der LLB Immo KAG, eine Tochter der Liechtensteinischen Landesbank Österreich (LLB Oe), erwartet vor diesem Hintergrund in den kommenden zwölf bis 18 Monaten eine nominelle Seitwärtsbewegung bei den Preisen, danach einen forcierten Anstieg.

Auch an der Börse sind die Folgen der Zinswende sichtbar, entsprechende Branchenaktien haben teils stark an Wert verloren. Während der Nullzinsphase hatte manch ein Anleger statt in Anleihen in solche Papiere investiert. Viele der Immobilienunternehmen lukrierten stetige Mieteinnahmen und schütteten regelmäßige Dividenden aus. Doch nun, da die Anleiherenditen gestiegen sind, sind Investments in solide Bonds zunehmend gefragt. „Aufgrund der gestiegenen Zinsen eröffnen sich konservativen Anlegern auf den Geld- und Kapitalmärkten wieder attraktive Alternativen zu Immobilienveranlagungen“, betont Schoellerbank-Experte Prenner.

 

IN KLEINEN SCHRITTEN ZU IMMOBILIEN
Offene Immobilienfonds bieten ebenso Chancen. Daran können sich Anleger bereits mit kleineren Summen beteiligen. Das Kapital veranlagen die KAGs in Immobilien, die einmal jährlich von zwei unabhängigen Sachverständigen bewertet werden. Zudem müssen heimische offene Immobilienfonds eine Liquiditätsreserve von zumindest zehn Prozent halten. Investiert wird unter anderem in gewerbliche Liegenschaften, wobei Mieteinnahmen und die Wertsteigerungen im Fokus stehen. Hinsichtlich der Anlageregionen sind die Kernmärkte Österreich und Deutschland von besonderem Interesse bei heimischen offenen Immobilienfonds.
„Der offene Immobilienfonds ist für private Investoren die einfachste und bequemste Möglichkeit in die Anlageklasse zu investieren“, so Oliver Kröpfl, Vorstandsmitglied Steiermärkische Sparkasse. Solche Fonds seien täglich liquide. Kröpfl verweist aber auf eine künftige Neuerung: Ab 1. Jänner 2027 hat der Gesetzgeber eine Behaltefrist eingeführt. Konkret kann dann eine Rückgabeerklärung erst nach zwölfmonatiger Mindesthaltedauer abgegeben werden. Dazu kommt eine allgemeine Rückgabefrist von weiteren zwölf Monaten. Obendrein müssen die Anbieter zumindest vierteljährliche Intervalle festlegen. Bestehende Anleger werden mit 1. Jänner 2027 in das neue Regime übergeführt. Für diese gilt dann nur die zwölfmonatige Rückgabefrist, keine Mindesthaltedauer.
Kröpfl wirft einen Blick auf die vergangene Entwicklung: „Offene Immobilienfonds haben in den vergangenen Jahrzehnten eine jährliche Rendite von rund zwei Prozent, nahezu ohne Schwankungen, erzielt.“ Ein ähnliches Anlageergebnis sollte nach seinen Einschätzungen in den kommenden Jahren ebenfalls möglich sein.

 

Doch für vermögende Anleger gibt es bei Immobilieninvestments unterschiedliche Möglichkeiten. Vorsorgewohnungen sieht man als sinnvolle Ergänzung im Sinne einer breiteren Vermögens- sowie Einkommensdiversifikation, meint Prenner. Er mahnt jedoch, aktuell die ausgewiesenen Renditen noch stärker zu hinterfragen.

In guten und sehr guten Lagen könnten bei entsprechend günstigen Kaufpreisen weiterhin positive Erträge erzielt werden, wobei dies aufgrund gestiegener Bau- und Rohstoffkosten immer schwieriger werde. Insgesamt würden viele Projekte derzeit nicht realisiert, da die Verkaufspreise auf dem Markt nicht mehr erzielt werden könnten. Hinzu komme ein weiterer Aspekt: Klassische Gründerzeitzinshäuser gerieten gegenüber einem modernen Neubau, der alle aktuellen ESG-Erfordernisse erfüllt, zunehmend ins Hintertreffen.

vorsorgewohnungen im Blick

Auch Obrowsky sieht Vorteile in einer Vorsorgewohnung, schon allein, da sie künftig etwa den Wohnbedarf von Nachkömmlingen abdecken könne. Grundsätzlich wird eine Vorsorgewohnung zum Zweck der Vermietung gekauft. Bei solchen Objekten handelt es sich in der Regel um kompakte Zwei- oder Drei-Zimmerwohnungen mit hochwertiger Ausstattung in typischen Mietermärkten wie in Wien oder Graz. Zudem kann die im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer in Abzug gebracht werden. „Somit ist die Wohnung günstiger als beim Erwerb zur Eigennutzung“, erklärt der LLB Immo KAG-Experte. Doch mit welchen Größenordnungen ist zu rechnen? Dabei wird man, wenn man von einem Neubau im Raum Graz und einer Größe von ca. 50 Quadratmetern ausgeht, kaum unter einer Investitionssumme von 250.000 Euro liegen, heißt es seitens der Steiermärkischen Sparkasse.

Auch weitere Details sollten beachtet werden: Das Eigenmittelerfordernis betrage rund ein Drittel des Kaufpreises, der Rest könne langfristig fremdfinanziert werden, während sämtliche Kosten in Zusammenhang mit der Finanzierung steuerlich geltend gemacht werden könnten. Die Folgen der Zinswende sind jedoch in diesem Immobiliensegment ebenso sichtbar: „Vor allem die vergangenen zehn Jahre bis in den Frühherbst 2022 stellten eine extrem lange Phase mit sehr niedrigen Zinsen dar“, sagt Oliver Kröpfl, und ergänzt, dass die Wirtschaftlichkeitsrechnung bezogen auf den Einsatz von Fremdkapital inzwischen ganz anders aussieht. Zudem weist das Vorstandsmitglied der Steiermärkische Sparkasse darauf hin, dass der Anteil an Eigenkapital heute substantiell höher liegen muss, damit sich eine solche Transaktion wirtschaftlich rechnet.

Zumindest aber können Anleger die Kreditrückführung mit den Mieteinnahmen bedienen, ergänzt Obrowsky und fügt hinzu: „So besteht keine monatliche Belastung und man baut sich ein lastenfreies Wohnungseigentum auf.“ Obendrein könne der Baukostenanteil der Wohnung auf 67 Jahre abgeschrieben werden. Einzig sollten Anleger die Wohnung innerhalb der ersten 20 Jahre nach dem Kauf selbst beziehen, müsste wiederum die Umsatzsteuer an das Finanzamt zurückgezahlt werden.

Bauherrenmodelle zur Sanierung von Altbeständen

Obendrein gibt es sogenannte Bauherrenmodelle, die laut Kröpfl eine wesentlich komplexere Angelegenheit darstellen. „Es geht dabei oft um umfassend zu sanierenden Altbestand verbunden mit gewissen Anreizen für Investoren. Mit Hilfe dieser Modelle konnten sehr viele alte Gebäude von Grund auf renoviert bzw. saniert werden“, erläutert er. Das sei dem Gesetzgeber in Form von gewissen Förderungen und steuerlichen Zugeständnissen, wie z. B. einer beschleunigten Abschreibung, eine Unterstützung wert.

Diese Modelle müsse man sich aber von zwei Seiten sehr genau und sehr individuell ansehen: einerseits vom Modell her und den dazugehörigen Planrechnungen und andererseits von der eigenen Lebensphase und der persönlichen derzeitigen und zukünftigen Einkommenssituation. Kröpfl sagt zudem: „Bei solchen Modellen ist die Frage nach dem Einsatz von Fremdkapital für den Investor, aber auch die Frage, ob und in welcher Höhe man das macht, eine sehr individuelle Aufgabenstellung. Zu beachten ist, dass ein Bauherrenmodell überhaupt nicht liquide ist – eine vorzeitige Veräußerung, sofern überhaupt möglich, extreme Nachteile mit sich bringen würde.“

Über die Höhe der möglichen Renditen wollen sich die Experten bei all solchen Modellen nicht festlegen, zumal einiges vom Einkommen, somit der steuerlichen Situation, der Lage der Immobilien, aber auch der weiteren Zinsentwicklung abhänge. „Mit Immobilien wird man nicht reich, aber man bleibt es“, verweist Obrowsky von der LLB Invest KAG auf einen alten Grundsatz und fügt hinzu: „Immobilieninvestments erzielen vernünftige, langfristig gleichbleibende Renditen bei im Konkurrenzvergleich äußerst niedriger Volatilität. Darüber hinaus ist die Immobilie aufgrund indexierter Mietverträge eines der wenigen Veranlagungsinstrumente mit einem natürlichen Inflationshedge.“