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Japans Wachstumswerte im Fokus

März 2023
In den Jahren 2021 und 2022 ist Japans Aktienmarkt der „Value Rotation“ zum Opfer gefallen, sagt Richard Kaye, Portfoliomanager des Comgest Growth Japan. Er zeigt auf, weshalb sich dies 2023 ändern könnte.
Comgest
Richard Kaye, Comgest

In den vergangenen zwei Jahren wurde Japans Aktienmarkt von Anlegern in globale Trends eingebunden, die jedoch mit den Entwicklungen im Land nichts zu tun hatten. In Europa und Nordamerika führten die von der Pandemie verursachten Störungen und die übermäßigen geld- und haushaltspolitischen Anreize zum größten Inflationsschub seit 40 Jahren. Wie in Zeiten zunehmender Inflation und steigender Zinssätze üblich, gewannen Unternehmen mit geringerer Qualität vorübergehend wieder an Preismacht.

Während Finanz-, Energie- und Bergbausektor übermäßig von der Marktrotation profitierten, mussten Qualitätswachstumswerte massive Kursverluste hinnehmen. In der Erwartung, dass die Bank of Japan den Schritten der US-Notenbank folgen würde, wurden diese Marktmuster von den Marktteilnehmern nachgeahmt.

Das Umfeld in Japan weicht jedoch von jenem in anderen Industrieländern stark ab: Die lockere Zentralbankpolitik, die schwache Demografie und die niedrigen Produktivitätssteigerungen führten zu divergierenden Inflations- und Kapitalkostenentwicklungen – einer bruchstückhaften und eher niedrigen Inflation sowie niedrigen Zinsen. Zudem ist die Konzentration der Industrie in Japan geringer als in den anderen Industrieländern.

Diese Fragmentierung führt zu einem großen Wettbewerb und schränkt die Preissetzungsmacht der einzelnen Unternehmen ein. Denn jede Preiserhöhung geht mit der Gefahr einher, Marktanteile zu verlieren. In den USA kontrollieren die vier größten Akteure in jeder Branche in der Regel über 30 Prozent des Marktes, während dieser Anteil in Japan bei weniger als 15 Prozent liegt. Das sorgt für eine faktische Preisobergrenze und der Anstieg der Verbraucherpreise lag unter anderem deshalb 2022 in Japan mit gerade einmal 2 Prozent deutlich unter den 9 Prozent in den USA. Trotz dieses unterschiedlichen Bildes haben Wachstumswerte in Japan das zweite Jahr in Folge erheblich an Wert verloren. Wir sind versucht zu sagen: Je höher die Qualität, desto stärker die Abwertung.

JAPANS BANKEN MIT HOHEM KGV

Die japanischen Banken hingegen erreichten KGV-Spitzenwerte in Erwartung einer restriktiveren Haltung des neuen Zentralbankgouverneurs. Diese Erwartung hat der Markt seit Dezember in den Kursen japanischer Banken eingepreist: sie stiegen deutlich. Im Jahr 2022 hat der japanische Bankensektor den US-Bankensektor um 30 und den europäischen Bankensektor um 20 Prozent outperformt. Am 6. Februar 2023 hat die Regierung jedoch zunächst Masayoshi Amamiya für den Posten des nächsten Gouverneurs der Bank of Japan ins Gespräch gebracht, der für seine expansive Haltung bekannt ist.

Das hat zu einer rückläufigen Entwicklung japanischer Banken geführt und zeigt, wie makrosensitiv Unternehmen in diesem Sektor sind. Die schwache Kreditnachfrage, fehlende wirtschaftliche Burggräben und der harte Wettbewerb durch Fintechs zeigen, dass dieser im Einklang mit seinen erratischen Bewertungen schwankende Sektor für einen Qualitätswachstumsinvestor wie Comgest der falsche Ort ist. Zudem hat Premierminister Kishida am 14. Februar schließlich Kazuo Ueda nominiert – auch von ihm wird eine eher lockere Geldpolitik erwartet.

Auf der anderen Seite kehren jetzt, da die COVID-bedingten Beschränkungen für ausländische Reisende nach Japan aufgehoben wurden, auch die ausländischen Anleger zurück. Wir glauben, dass sich das Investitionsverhalten nach und nach wieder wandeln und sich der Fokus auf rationaleres, reales Wachstum verschieben wird. So dürfte Japans Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2023 nach den Konsensprognosen rascher wachsen als das aller anderen Industriestaaten (siehe Abbildung). Auch die Unternehmensführung verbessert sich zusehends, ein Beispiel hierfür ist die steigende Zahl externer Direktoren in den Vorständen japanischer Unternehmen. Japanische Unternehmen werden im Vergleich zu Firmen anderer Länder nach wie vor vergleichsweise wenig analysiert, so dass Anleger immer noch einige Schnäppchen bei führenden, aber verkannten Unternehmen finden könnten.