FONDS exklusiv: Herr Aigner, was ist Ihnen als nachhaltiger Investor wichtig?
Dieter Aigner: Wir sehen uns als verantwortungsvolle Investoren. Nachhaltig sollte die Rendite sein, die wir für unsere Anleger erzielen. Angesichts der dramatischen Folgen des von Menschen verursachten Klimawandels, wie zuletzt die Hochwasser-Katastrophen in Spanien und auch bei uns in Österreich, sollte eigentlich jedem klar sein, dass wir massiv gegensteuern müssen, um der zunehmenden Erderwärmung Einhalt zu gebieten. Die Finanzierung entsprechender Maßnahmen, zum Beispiel zur Senkung der CO2-Emissionen, mit privatem Kapital ist dabei ein zentrales Aktionsfeld. Wichtig ist allerdings, dass die Akteure eine längerfristige Perspektive einnehmen: die Politik, indem sie einen gewissen Rahmen vorgibt, und das Asset Management, indem es seine Investmententscheidungen entsprechend ausrichtet.
Was bedeutet das für die konkrete Umsetzung?
D. A.: Die Klimaziele lassen sich nicht von heute auf morgen realisieren. Das zeigt sich beispielsweise bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ebenso wie beim Ausstieg aus fossilen Energieträgern wie Koh-le und Gas. Für uns als verantwortungsvolle Investoren hat das zur Folge, dass wir gefordert sind, die nachhaltige Transformation global zu begleiten und zu fördern und dabei für unsere Investoren Mehrerträge zu erzielen.
Wie gehen Sie hier konkret vor?
Stefan Grünwald: Wir haben in unserem Asset-Management sieben Zukunfts-Themen identifiziert, in denen die Transformation sehr stark wirkt und diese in den Fokus gerückt: Energie, Infrastruktur, Kreislaufwirtschaft, Mobilität, Technologie, Rohstoffe sowie Ernährung, Gesundheit und Wohlbefinden. Hierzu haben wir im Fondsmanagement interdisziplinäre Arbeitsgruppen gegründet, die sich intensiv auch im Hinblick auf ESG und Zukunftsentwicklungen mit der jeweiligen Materie in Bezug auf Unternehmen und Staaten befassen.
Bitte veranschaulichen Sie Ihr Vorgehen.
S. G.: Gern. Wir schauen uns an, in welchen der genannten Aktivitätsbereichen Zukunftsentwicklungen durch Megatrends ausgelöst werden. Diese Themen werden strukturiert und dahingehend bewertet, ob sie die ESG-Transformation unterstützen. Zudem werden ESG-Fragestellungen beantwortet und Engagement-Themen abgeleitet. Unsere Ausarbeitungen basieren auf selbst zusammengetragenen Informationen, wissenschaftlichen Erkenntnissen und Expertenmeinungen. Die Themen werden danach anhand eines vorstrukturierten Prozesses bewertet.
D. A.: Dieser Prozess läuft interdisziplinär ab, das heißt, hier findet ein starker Austausch innerhalb der sieben Teams statt, um zu gemeinschaftlichen Ergebnissen zu kommen, die dann als Basis in den Investmentprozess einfließen. Vor allem dieses Vorgehen, das uns von anderen Investmenthäusern deutlich unterscheidet, hat kürzlich die renommierte Agentur Scope mit einem AAA-Rating gewürdigt, das unserem Fondsmanagement eine exzellente Qualität und Kompetenz beim Management nachhaltiger Fondsstrategien bescheinigt.
Spielen externe Ratingagenturen bei dieser Meinungsbildung noch eine Rolle?
D. A.: Ja, aber anders als früher. Offen gesagt, wurden die Angaben von externen Ratingagenturen vor zehn Jahren einfach eins zu eins übernommen und waren damit maßgeblich für die Nachhaltigkeitsbewertung. Für mich hat ein solches Vorgehen nichts mit aktivem Management zu tun. Auch deshalb haben wir uns für diesen aufwändigen, aber tiefgehenden Meinungsbildungsprozess entschieden. Denn unsere Kunden, die jährlich eine Verwaltungsgebühr entrichten, haben ein Recht auf fundierte Nachhaltigkeitsbewertungen, die sich nicht nur auf definierte Filter, Gütesiegel oder externes Research begründen. Ich will damit nicht sagen, dass wir alles besser wissen. Aber wir sind der Auffassung, dass wir uns durch die Art und Weise, wie wir uns mit den Themen beschäftigen, die in den Transformationsprozessen unter Umständen bestmöglichen Antworten geben können.
Wie gehen Sie mit Unternehmen um, deren Beitrag zur ESG-Transformation zwar groß ist, dies aber auch deshalb, weil sie Nachhaltigkeitskriterien, wie zum Beispiel den weitestgehenden Verzicht auf fossile Energieträger, noch nicht erfüllen?
S. G.: Wenn wir der Auffassung sind, dass die Transformationsbewegung positiv ist, dann müssen wir bereit sein, in Unternehmen ebenso wie in Staaten zu investieren, die am Anfang des Transformationsprozesses stehen. Für uns und unsere Anleger hat dies wiederum den Vorteil, dass wir so einen weitaus größeren Impact erzielen können. Ein solches Vorgehen muss aber transparent und nachvollziehbar sein sowie von einem dauerhaften Engagement begleitet werden.
Sie meinen einen konstruktiven Dialog mit den Unternehmen?
S. G.: Richtig. Es geht um Fragen zum betrieblichen Transformationsprozess, die in den verschiedenen Arbeitsgruppen entwickelt werden und mit denen wir dann bei den Unternehmen quasi den Finger in die Wunde legen. Denn es geht nicht nur um das Transformationspotenzial, sondern auch um die Frage, in welchem Zeitraum es mit welchen Mitteln erreicht werden kann. Und wenn sich dabei starke negative Effekte herauskristallisieren, nehmen wir von einem Investment gänzlich Abstand.
Wie können sich private und institutionelle Kunden und Anleger über Ihre Aktivitäten informieren?
D. A.: Auf unserer Kommunikationsplattform „www.investment-zukunft.at“ können sie wie jeder andere auch, sämtliche Informationen rund um die Zukunftsthemen abrufen. Dort machen wir unseren gesamten Investmentprozess greifbar und nachvollziehbar und zeigen, wie langfristiges, verantwortungsvolles Investieren am Kapitalmarkt funktionieren kann. Zudem unterstützen wir unsere institutionellen Investoren bei ihren spezifischen Anforderungen, die sich stetig weiterentwickeln. Für uns ist es wichtig, dass unsere Kunden und Anleger transparent und glaubhaft nachvollziehen können, wie wir mit den Themen umgehen. Nach meiner Auffassung würde es dem gesamten Thema Nachhaltigkeit gut tun, ein bisschen von den Kategorien „gut und schlecht“ sowie „richtig und falsch“ weg zu kommen. Vielmehr sollte das Identifizieren von Opportunitäten und der daraus resultierende Impact im Mittelpunkt stehen.