Startseite » Nachhaltigkeit » FNG-Siegel » Waffen & Nachhaltigkeit: Tretmine oder Gebot der Stunde?

Waffen & Nachhaltigkeit: Tretmine oder Gebot der Stunde?

April 2025
„Sicherheit ist die Mutter aller Nachhaltigkeit“ – so formuliert es der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungs-industrie. Also grünes Licht für Nachhaltigkeitsfonds? von Roland Kölsch, Geschäftsführer, F.I.R.S.T. e.V.
Adobe Stock

Eine von allen akzeptierte, eindeutig klare Definition von Nachhaltigkeit wird es auch in Zukunft nicht geben. Doch hat die Europäische Union (EU) trotz allen überbordenden Regulierungs-Eifer bei der Nachhaltigkeit in der Geldanlage ein wichtiges Prinzip so formuliert: Etwas ist nicht nachhaltig, wenn es mit einer Aktivität verbunden ist, die (signifikanten) Schaden anrichtet; das nennt man das sogenannte „Do Not (Significant) Harm“-Prinzip, das durch die EU-Taxonomie populär wurde.

Unbestritten ist, dass Rüstungsgüter per se auf Zerstörung angelegt sind. Der (nachhaltige) Zweck (Frieden) heiligt noch lange nicht das (zerstörerische) Mittel. Das sollte nicht falsch verstanden werden: Dass nicht nur wir für das geopolitische Gleichgewicht auf der Welt, unsere Landesverteidigung und den Schutz unserer Bevölkerung im Rahmen der inneren Sicherheit Waffen benötigen, steht außer Frage. Das ist leider eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Panzer lassen sich nicht mit Wattebäuschen aufhalten. Durch das primäre Ziel des Kaputtmachens mutet ein expliziter Nachhaltigkeitsstempel für Waffen & Rüstung jedoch wie Pervertierung des Nachhaltigkeitsgedankens an.

Auch das oft vorgebrachte Argument „defensiver Waffen“ ist ein Wolf im Schafspelz. Zum einen richten Waffen eben immer Schaden an, zum anderen ist es ein Fakt, dass Waffen trotz aller Exportkontrollen regelmäßig in die Hände von Despoten gelangen. Dort werden sie für Menschenrechtsverletzungen und völkerrechtswidrige Kriege missbraucht – auch Russland hat während und nach der Krim-Krise 2014 weiter Rüstungsgüter von EU-Unternehmen erhalten. Bomben werden an Saudi-Arabien geliefert, U-Boote und Fregatten nach Ägypten bzw. in die Türkei exportiert. Und auch ein demokratischer Staat wie das belieferte Israel agiert trotz des verabscheuenswürdigen Terror-Überfalls der Hamas in nicht wenigen Augen unverhältnismäßig, indem es viele zivile Kollateralschäden, inklusive der Bombardierung Kranker und Kinder in Kauf nimmt. Über die weitere fatale Verwendung von Waffen in den falschen Händen seien beispielhaft die Stichworte Schulmassaker, Drogenbanden und Kindersoldaten genannt.

Und was etablierte Rahmenwerke angeht, so sehen weder die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, die Pariser Klimaziele, die EU-Taxonomie als Katalog umweltbezogener Wirtschaftsaktivitäten noch das (naturwissenschaftliche) Konzept planetarer Belastungsgrenzen Waffen als einen nachhaltigen Lösungsweg, im Gegenteil: Die UN Sustainable Development Goals (SDGs) fordern sogar deren Reduzierung. 

Zu guter Letzt noch ein Hinweis: Auch vor dem Überfall von Putins Russland auf die Ukraine gab es viele bewaffnete Konflikte auf der Welt. Damals forderte niemand, auch nicht die Schar derer, die nun sogar Waffen als „Mutter aller Nachhaltigkeit“ ausrufen, Waffen als nachhaltig einzustufen. Waffen waren lange Zeit unbestrittenes Ausschlusskriterium ersten Ranges, wenn es um die Bestückung Nachhaltigkeits-Portfolios ging. Es ist also schon eine gewisse Doppelmoral, nur dann den „nachhaltigen“ Verteidigungseffekt von Waffengewalt anzuführen, wenn es den eigenen Interessen dient.

Fazit: Es bleibt weiterhin ein individuelles Ermessen, ob Waffenhersteller in Nachhaltigkeits-Portfolios landen sollten. Viele Argumente sprechen jedoch dagegen. Es gibt genügend andere Finanzierungsmöglichkeiten und Sondervermögen friedenssichernder Maßnahmen durch Waffengewalt, damit Nachhaltigkeit gedeihen kann. Über die Börse und Nachhaltigkeitsfonds sollte dies jedoch nicht geschehen.